Arbeitsgespräch      
  Im November 2003 wurde das Gespräch aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt in eine schriftliche Form gebracht. Das Gespräch hat sich beim Betrachten des Ausstellungskatalogs «bildplastik und plastikbild» ergeben.      
I   Atelier  
KuK: Ich nehme an, ich sehe auf diesem Bild dein Atelier?

Erhard: Ja, es war eigentlich mein Atelier und Wohnung gleichzeitig. Es hat aber nicht immer so chaotisch ausgesehen wie jetzt hier auf den Bildern. Im Übrigen hatte ich, da ich plastisch arbeitete mit Platzproblemen zu kämpfen und da konnte es schon mal vorkommen, dass sich die Arbeit auf mehrere Räume ausbreitete.

KuK: Mit was hast du dich da beschäftigt?

Erhard: Ich sehe eigentlich zwei Stränge die ich verfolgt habe, auch von den eingesetzten Materialien her sind sie unterscheidbar. Zum einen wären das die Bildplastik und zum anderen die Körperteilgeschichte. Wobei ich bei den Bildplastiken mit Bildern, Oberflächen und Raum experimentierte und bei der Körperteilgeschichte mit Wachs, Gips und Gipsbandagen arbeitete.

KuK: Gewalt und die Darstellung von Gewalt scheint in deinen Arbeiten ein immer wiederkehrendes Thema zu sein, wie kommt das?

Erhard: Was mich verwundert ist die Ästhetisierung der Gewalt. Zum Beispiel wenn man Passanten auf der Strasse fragen würde, was humaner sei, einen zum Tod Verurteilten zu köpfen oder mit einer Giftspritze hinzurichten, so würde wahrscheinlich die Mehrheit die Giftspritze als humanere Hinrichtungsmethode bezeichnen. Vielleicht können wir das gerade mit dem folgenden Bild veranschaulichen.

KuK: Ein Hinrichtungsraum?

Erhard: Ja. Ich beschäftige mich seit längerem mit der Todesstrafe in den Vereinigten Staaten und wollte darüber etwas machen. Es sind dann auch einige Bilder entstanden, die mich aber nicht befriedigten, bis ich dann diese Kombination von Bildsprache und Motiv fand. Ein anderes Phänomen, das mich interessiert, ist die Freizeit und der Konsum von medialer Gewalt. Es stellt sich die Frage nach dem Unterhaltungswert der Gewalt.

KuK: Der letzte Golfkrieg war wohl ein solch Medienereignis mit Unterhaltungswert...

Erhard: Zur Gewalt und Virtualität fällt mir eine Geschichte ein, die ich einmal in einem Science Fiktion Roman gelesen habe. In diesem Roman wurde eine Welt beschrieben in der man sich nur noch über Bildschirme begegnet. Der Protagonist der Geschichte, ein Vater, kannte seine Familie also nur von der Erscheinung des Bildschirms her. Er hatte dann die zwanghafte Idee seine Familie in Angesicht zu Angesicht zu sehen und organisierte dafür ein Treffen. Während des Treffens wurde bei ihm extreme Aggressionen freigesetzt, dass er im letzten Augenblick nur noch die Apparatur zwischen sich und seine Frau und Tochter schalten konnte um das Schlimmste zu verhindern. Bei einem zweiten Treffen gelang es ihm nicht mehr rechtzeitig und er massakrierte Frau und Tochter.

KuK: Aus dieser Perspektive scheint die Katastrophe unausweichlich und das bringt mich in diesem Zusammenhang zur nächsten Frage: Was interessiert dich an der Bombe?

Erhard: In der Zeit des heissen Phase des Golfkriegs konnte man in der Presse lesen, was Clusterbomben, Smartbomben, etc... sind und wie sie „funktionieren“, respektive was ihr Zerstörungspotenziale sind. Nun warte ich darauf, dass die intelligenten Bomben wirklich genug intelligent sind und sich weigern zu explodieren. Nun das dauert und aus diesem Grund begann ich selbst an einer Bombe zu basteln. Sozusagen als meinen künstlerischen Beitrag an der Lösung der Probleme unserer Welt.

KuK: Diese Gipsarbeiten, mit was haben die zu tun?

Erhard: Um auf die Technologie zurück zu kommen... ich habe mich gefragt, wie erkläre ich jemanden der noch nie in seinem Leben einen Computer gesehen hat, die Logik des Computers, also das binäre System, so dass es Sinn macht. (lacht) ...mit Händen und Füssen.

I
 
ateliersituation 2002
           
    Atelier      
           
II   neo impressionismus   II  
neo impressionismus
Ö l auf Leinwand_30 x 40 cm_2001
           
III   virtual war   III  
virtual war
Drahtgitter mit Papier kaschiert
90 x 70 x 60 cm_2003
           
IV   the one dollar bomb   IV  
the one dollar bomb
Drahtgitter mit Papier kaschiert, coloriert
190 x d 45cm_2002
           
V   binäre logik   V  
binäre logik_fuss mit fuss
binäre logik_hand mit hand
binäre logik_hand mit fuss
Gips_2003